Übersichtsgrafik Magnetdrahtspeicher, die Positionen von Wortleitungen und beschichteten Drähten zeigend

Kernspeicher waren in der Herstellung relativ teuer. Die Tatsache, dass beim Auslesen der Information der gespeicherte Inhalt gelöscht wird und daher ein Neuschreiben notwendig ist, vergrößert die Zykluszeit (Auslesen und Neuschreiben). Daher entwickelte man noch bevor die ersten Halbleiterspeicher serienreif waren, einen Speicher, bei welchem magnetische Drähte die Ringkerne "ersetzen".
Da die ersten Anlagen der 9000er Serie von UNIVAC (auch unsere 9300) mit solchen Speichern aufgebaut wurden, beschreiben wir hier kurz ihre Funktion. Wir haben zwar Original-Magnetdrahrtspeicher, jedoch verzichten wir auf eine Abbildung, da man nichts sehen kann, was den Aufbau oder die Funktion betrifft.

Detailgrafik Magnetdrahtspeicher, beschriftet

Ein Kupferdraht wurde mit einer dünnen magnetisierbaren Schicht versehen. Diese "Plated Wires" (beschichtete Drähte) wurden in Bahnen von "Word Straps" (Wort-Leitungen) eingebettet. In Drahtrichtung sind die Magnetschichten nur schwer-, quer dazu jedoch leicht magnetisierbar.
Zum Lesen der Information wird durch die Wortleitungen ein Stromimpuls geschickt. Das durch ihn erzeugte Magnetfeld versucht den magnetischen Vektor an dieser Stelle des Drahtes in Drahtrichtung auszulenken. In Längsrichtung ist die Magnetschicht des Drahtes aber nur schwer zu magnetisieren. Der Vektor wackelt nur ein bißchen und kippt wieder zurück. Dieses Wackeln induziert im Draht eine sehr kleine Spannung, deren Vorzeichen von der Richtung des Drahtfeldes abhängig ist. Hier wurde ein Bit ausgelesen ohne den Zustand zu zerstören. Die gespeicherte Information ist nach dem Lesevorgang noch vorhanden (im Gegensatz zum Kernspeicher).

Kleine Grafik zum Lesevorgang (Impuls auf der Wortleitung)
Kleine Grafik zum Schreibvorgang (Impuls auf Wortleitung und den Drähten)

Will man einen Zustand ändern (Schreiben), so wird zusätzlich zum Wortimpuls ein Stromimpuls durch den Draht geschickt. Beide Magnetfelder zusammen können die Richtung des Feldes der Magnetschicht ändern. Eine neue Information (hier ein Bit) wurde abgespeichert.

Im Prinzip war das eine geniale Idee, kein Fädeln der Ringkerne, kurze Zykluszeit, preiswert herzustellen...
Doch man ahnt es schon: Der Aufbau war so empfindlich, dass schon bald viele Probleme auftraten; ein Horror für jede Firma, die diesen Speicher verwendete. Bei ganz alten Speichern konnte man die Drähte noch einzeln auswechseln, später wurde alles verklebt und eine Reparatur ist unmöglich. Anfang der 70er Jahre kamen glücklicherweise die ersten Halbleiterspeicher auf den Markt, so dass die meisten Rechner mit Magnetdrahtspeicher auf Halbleiterspeicher mit INTEL-Chip´s umgerüstet wurden.